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  • Klaudia Frechen

Ich liebe ...



… richtig heißen und schwarzen Kaffee, das Barfußlaufen, den jährlichen Aufenthalt in meinem französisches Paradies. Ich liebe es, in meinem Lieblingsrestaurant zu schmausen und ich liebe meine morgendlichen Schreibstunden in der Küche mit dem monotonen und, in der Stille des Morgens, viel zu lauten Tick-Tick-Tick der Küchenuhr an der Wand.

Alles Lieben voller Erwartungen, die unbedingt erfüllt werden müssen, sonst werden daraus schnell Enttäuschungen. Ein kalter schwarzer Kaffee wird zu Schlabberwasser und die morgendliche Schreibstunde in Gesellschaft verkommt zu einem ganz banalen Frühstück.

Aber ist es dann wirklich Liebe? Sagt man nicht, dass Liebe nichts erwartet?

Wahre Liebe vertraut.

Sie ist ohne Zweifel, stattdessen voller Glaube an das Gegenüber.

Also ist meine Liebe zu Kaffee wohl etwas anderes als eben jene große, richtige Liebe, da sie ja an Bedingungen geknüpft ist und der Kaffee im Ausguss landet, sollte er nicht mehr heiß sein.

Meine wirkliche Liebe aber möchte ich nicht einfach so in den Ausguss kippen oder von der Klippe schubsen (oder von der Bettkante), wenn sie gerade keine Lust darauf hat freundlich zu sein, oder fröhlich, oder .... Da spüre ich auch dann noch etwas, wenn sie - die Liebe - früh morgens, wenig sexy, mit zerzausten Haaren und völlig verpennt vor mir steht. Da verlässt mich das Gefühl der Wärme weder im Krankheitsfall noch in anderen stressigen Situationen.

Und Solo-Fehlentscheidungen des anderen führen auch nicht dazu, dass ich das Weite suche. Die trägt und übersteht man gemeinsam.

Sind meine Erwartungen so hoch, dass der andere sie kaum erfüllen kann, wird das nix mit der ewigen Liebe. Dann wird man seiner Liebe nur enttäuscht den Rücken zu wenden – und das nur weil der andere nicht dem Bild entspricht, das man sich selbst von ihm macht. Das tatsächliche, reale Bild übersieht man dabei.

Und mal ehrlich: Wer will so etwas schon erleben? Wer will schon, dass das bunte Bild, das man von sich selbst hat, von jemandem anderen ausradiert und durch eine amateurhafte, graue und wenig detailverliebte Bleistiftzeichnung ersetzt wird?

Ich zumindest möchte das nicht.

Ich liebe mich inzwischen – mehr oder weniger- mit all meinen Stärken und Schwächen und möchte nicht, dass irgendwer - auch nicht der Mann - den ich liebe, mich verbiegt.

Mit fast 60 habe ich keine Lust mehr auf solche Aktionen und verwehre mich dagegen.

Ich habe verstanden, dass alle meine Eigenschaften für mich als ganzer Mensch wichtig sind. Sie machen mich aus. Sie alle sind ich.

Und überhaupt: Woher sollte ich wissen, wie gut die einen Eigenschaften sind, wenn es nicht auch die schlechten gäbe?

Da ich das verstanden habe, verstehe ich auch, dass dies bei anderen Menschen ebenso so ist. Da muss ich nicht mehr verurteilen, verbessern oder kritisieren.

Dies gelingt mir nicht immer.

Aber immer öfter.

Doch wenn es mir gelingt, spüre ich, dass dies wohl die richtige Liebe ist. Bedingungslos und dadurch frei von allem Ballast.

Ein wundervolles Gefühl, das jede Mühe wert ist.

In Mark Twains „Das Tagebuch von Adam und Eva“ (Übersetzung von Kim Landgraf, 2011, Anaconda Verlag GmbH, Köln) macht Eva ihrem Adam ganz zum Schluss eine grandiose Liebeserklärung, obwohl … ja obwohl und gerade weil er so ist wie er ist.

„Wenn ich mich frage, warum ich ihn liebe, stelle ich fest, dass ich es nicht weiß und dass mir im Grunde auch wenig daran liegt, es zu wissen. Also vermute ich, dass diese Art von Liebe nicht das Ergebnis von Schlüssen und Berechnungen ist, … Ich glaube, das muss auch so sein. Ich liebe bestimmte Vögel für ihre Lieder, aber ich liebe nicht Adam für seinen Gesang. Nein, das ist es nicht, im Gegenteil – je mehr er singt, desto weniger kann ich mich damit abfinden … Die Milch wird davon sauer, aber das macht nichts. An diese Art von Milch kann ich mich gewöhnen.“ …


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