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  • Klaudia Frechen

Das letzte Abenteuer



Ich stehe am Bahnsteig meines Heimatbahnhofs und warte auf meinen Zug.

Es ist kalt und leichter Nieselregen hängt in der Luft.

Diese feuchte Kälte dringt durch meinen Zwiebellook, der mich eigentlich gegen alle thermischen Unbilden einer Zugfahrt wappnen sollte und lässt mich frösteln.


Jede Reise mit der Bahn muss gut vorbereitet sein, denn sie ist eines der letzten Abenteuer, das man in Deutschland erleben kann. Ohne ein Heißgetränk, Proviant, wärmenden Umhang, Schuhe, in denen man zur Not einen Sprint hinlegen kann, genügend Masken zum Wechseln, etc. trete ich solch eine Reise nicht mehr an.

Eines der wichtigsten Utensilien ist mein Handy mit der darauf befindlichen Bahn-App, die meistens mehr weiß, als jeder Bahnbedienstete.



Sicher ist, dass nichts sicher ist

Eine Stunde später stehe ich immer noch dort auf dem zugigen Bahnsteig und warte auf den Zug, mit dem ich mindestens ein Mal im Monat in den Süden Deutschlands fahre, um dort zu arbeiten. Meine Maske ist inzwischen so nass, dass ich sie wechseln muss und ich so sauer, dass ich vor Wut koche.


Aber eine freundliche, wenn auch etwas blechern klingende Damenstimme, klärt mich darüber auf, dass ich noch etwas warten muss. Dies geschieht im zehn Minuten Takt.

Nochmals 45 Minuten später kommt endlich mein Zug, in den ich nun völlig durchgefroren einsteige – darauf hoffend, dass die Heizung funktioniert.

Bei der Bahn ist das nicht sicher.

Dort ist nichts wirklich sicher außer der Tatsache, dass nichts sicher ist. Man weiß nie, ob und wann man am gewählten Zielbahnhof ankommen wird oder ob das WC funktionstüchtig ist.


Grund für die diesmalige Verspätung war eine defekte Tür. Diese Tür ist schon seit Jahren defekt. Genauso wie die Bremsen, das WC oder …



Werbung versus Realität

Bahnfahren könnte wirklich schön sein – wenn da die Bahn nicht wäre.

Man säße tatsächlich gemütlich im Wagen, während es draußen regnet oder schneit, ließe sich – zumindest in der 1.Klasse – einen Kaffee servieren und würde die vorbeifliegende Landschaft bestaunen.

Man könnte auch arbeiten oder einen Film schauen. Genauso wie in der Werbung.

Aber Werbung ist eben Illusion und irreal.

Real sind nur allzu oft Verspätungen oder Stillstände mitten auf offener Strecke wegen defekter Loks, Türen oder Bremsen. Real sind auch defekte Heizungen oder Klimaanlagen, geschlossene Bord-Bistros, umgekehrte Wagenreihungen oder fehlende Reservierungsanzeigen.


Ich habe Züge erlebt, die so überfüllt waren, dass man keinen einzigen Sitzplatz mehr fand, weil mehrere Wagen fehlten. Anscheinend ist es nicht möglich solche fehlenden Wagen durch andere zu ersetzen.

Man erwartete, in dem von mir erlebten Fall, von so manchem Gast, dass er seine Fahrt von München nach Hamburg-Altona stehend überstand. Da kann man nur von Glück reden, dass der Zug so voll war, dass niemand mehr umfallen konnte, weil man zwischen den Menschen eingeklemmt war.

Dies ist übrigens ein 1. Klasse-Erlebnis, das im Winter stattfand.

Jeder, der ab und an Zug fährt, weiß was das bedeutet.



Verspätung meistens inklusive

Gerade im letzten Monat bewies mir die Bahn wieder einmal ihre Zuverlässigkeit.

Sie zog einen Zug aus einem „Umlauf“ ab, weil der repariert werden sollte. Daraufhin wurde der Zug, mit dem ich eigentlich von hier nach dort durchfahren wollte, abgezogen und für diesem „Umlauf“ abgestellt.

Dies bedeutete ein zwei maliges Umsteigen für mich und alle anderen Mitfahrer.

Viele von ihnen ältere, nicht mehr ganz so fitte Menschen, die diesen Zug gewählt hatten, weil er eigentlich durchfahren sollte. Eigentlich. Eigentlich wollten sie ihre Koffer nicht vier Mal irgendwelche Treppen rauf und runter schleppen.

Aber da hatten sie die Rechnung ohne die Bahn gemacht!

Sie sorgte für ungewollte sportliche Einlagen auch der Gäste über 80.

Aber nicht nur dafür war sie gut. Wir durften auch alle ein bisschen länger Bahnfahren, da die zweite Lok des ICEs, mit dem wir dann fuhren, ihren Geist aufgab und wir nur noch mit 130 km/h durch Deutschland zockelten. In Göttingen standen wir zur allgemeinen Erbauung „ein wenig“ auf dem Bahnhof herum, weil der Zugführer nicht mehr weiterfahren durfte und sein Ersatz erst von Hannover „eingeflogen“ werden musste.

Sie möchten nicht wissen wie groß die letztendliche Verspätung war!



Mangelware

Corona ist für die Bahn inzwischen anscheinend Geschichte. Während man Restaurants immer noch nur nach 3G- oder gar 2G-Regeln besetzt, packt die DB ihre auch noch so kleinen Abteile voll.

Ob da wer geimpft, genesen oder getestet ist, interessiert nicht und ich frage nicht zum ersten Mal: „Wieso dürfen die das? Andere kassieren für so was saftige Strafen.“


Auskünften am Telefon oder auch auf dem Bahnhof rate ich nur bedingt zu vertrauen, da bin ich schon oft auf die Nase gefallen. Inzwischen vertraue ich alleine der App. Traurig aber wahr!




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